21 Mai 2011

Albert Schweitzer: Emmy Martin Nachlaß für Museum gesichert

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Am 19. April 2011 kam beim Auktionshaus Stargardt in Berlin der Nachlass von Emmy Martin, der Sekretärin und Vertrauten Albert Schweitzers, die die Geschäfte von Günsbach aus abwickelte, zum Ausruf. Dank Mithilfe von Markus Brandes, einem professionellen Autographenhändler aus Kesswil (Bodensee), erhielt unsere Stiftung für insgesamt 87.000 Euro den Zuschlag.

Nachlass Emmy Martin

Von: Walter Schriber

Das Konvolut mit Briefen und Manuskripten ist in einem Blechkoffer verwahrt, den Emmy Martin für ihre Reisen nach Lambarene benutzte.

Am 19. April 2011 kam beim Auktionshaus Stargardt in Berlin der Nachlass von Emmy Martin, der Sekretärin und Vertrauten Albert Schweitzers, die die Geschäfte von Günsbach aus abwickelte, zum Ausruf. Dank Mithilfe von Markus Brandes, einem professionellen Autographenhändler aus Kesswil (Bodensee), erhielt unsere Stiftung für insgesamt 87.000 Euro den Zuschlag.

Dabei handelt es sich um rund 1400 eigenhändige Briefe Albert Schweitzers aus den Jahren 1921 bis 1964. Damit spannt sich der Bogen über das gesamte aktive Leben Albert Schweitzers nach dem ersten Weltkrieg bis zu seinem Tod. Viele Briefe sind sehr persönlich und mit „der alte Bery“ unterzeichnet; anfangs gelegentlich auch mit „Winnetu“ – ob sich da ein Hinweis auf eine heimliche Liebe zu Karl May auftut?

Dabei befinden sich auch Postkarten, Brieffragmente, Manuskripte, Schriftstücke, Einlagezettel, Briefdurchschriften aber auch zahlreiche Briefe von Emmy Martin an Albert Schweitzer sowie an Emmy Martin gerichtete Briefe aus Schweitzers engerem Umfeld (Emma Haussknecht, Mathilde Kottmann, Ali Silver etc.). Damit handelt es sich um ein einzigartiges, äußerst reichhaltiges und angesichts der Fülle von Details biographisch bedeutendes Konvolut von Schriftstücken Albert Schweitzers an Emmy Martin, die über Jahrzehnte hin als seine „europäische Statthalterin“ (Steffahn) fungierte und in allen Arbeitsbereichen Schweitzers Wirken im Hintergrund unterstütze: die Korrespondenz führte, bei der Organisation seiner zahlreichen Konzert- und Vortragsreisen half, den Druck seiner Schriften mit überwachte und insbesondere während Schweitzers Aufenthalten in Lambarene für die Beschaffung des medizinischen Geräts und der Medikamente ebenso wie für die Anwerbung des Personals sorgte.

In einer ersten Phase werde ich aufgrund der teilweise persönlichen Schriftstücke eine erste Sichtung vornehmen und ein detailliertes Inventar erstellen. Danach werden die Unterlagen im Zentralarchiv in Günsbach eingelagert.

Gerne füge ich an, dass die Albert-Schweitzer-Stiftung Günsbach-Bern ebenfalls die Restfinanzierung des Albert-Schweitzer-Nachlasses, der in den vergangenen Jahren im BECK-Verlag erschien, übernommen hat. Dabei stand im vergangenen Jahr die Diskussion an, diesen Nachlass eventuell dem freien Markt zuzuführen. Anlässlich verschiedener Gespräche mit den Erben konnte eine für alle Seiten einvernehmliche Lösung gefunden werden, damit das Konvolut nicht in „alle Winde zerstreut“ wird. Dabei bleibt der gesamte Nachlass in der Zentralbibliothek der Universität Zürich eingelagert. Zur Finanzierung von einer Mio. Schweizer Franken hat der Lotterfond des Kantons Zürich Fr. 500.000,- übernommen, verschiedene Stiftungen Fr. 185.000,- und unsere Stiftung den Rest von Fr. 315.000,-. Einmal mehr konnte hier die Stiftung geeint auftreten und dank ihr bleibt sicher der bedeutendste Nachlass Albert Schweitzers zusammen und steht der weiteren Albert-Schweitzer-Forschung offen.

Aus der Zusammenarbeit mit der Zentralbibliothek der Universität Zürich erhoffen wir uns zusätzliche Impulse für die Archivarbeit in Günsbach. Anlässlich eines gemeinsamen Treffens in Günsbach mit Herrn Prof. Dr. Christoph Eggenberger, Leiter der Zentralbibliothek, wurde vereinbart, dass wir von der professionellen Infrastruktur aus Zürich auch in Günsbach profitieren können.

STIFTUNG ALBERT-SCHWEITZER-ZENTRUM
GÜNSBACH-BERN
Präsident: Walter Schriber – Tannenbergstrasse 58 – CH-8625 Gossau

 
Betrifft: Albert-Schweitzer-Nachlass „Emmy Martin“
Sehr geehrter Herr Brandes

An dieser Stelle möchten wir uns nochmals recht herzlich für die Organisation dieses wirklich wertvollen Nachlasses bedanken. Dank Ihrer hohen Professionalität ist es gelungen, eines der inhaltlich bedeutendsten Konvolutes zur Thematik „Albert Schweitzer“ in ihrer Vollständigkeit für die Stiftung zu sichern. Dazu kommt, dass dank Ihrem Netzwerk und Ihren Verbindungen anscheinend verschiedene Interessenten zugunsten unserer Stiftung zurückgestanden sind, um damit die Unversehrtheit dieses Nachlasses zu garantieren und nicht in einer Wiederverkaufsphase auseinandergerissen zu werden. Sicher hat uns ebenfalls Ihr enger Kontakt zum Auktionshaus Stargardt in Berlin geholfen, dass wir den Kauf sogar unter Ausruf realisieren konnten.

Neben dem „Nachlass“, der in den vergangenen Jahren im Beck-Verlag erschienen ist und verschiedener anderer Manuskripte, die nun in der Zentralbibliothek der Universität Zürich eingelagert ist, dürfte dieser Nachlass von Emmy Martin einer der wesentlichen Eckpfeiler in der zukünftigen Albert-Schweitzer-Forschung werden. Zeigt doch die Tonalität der Schreiben einen ganz anderen Albert Schweitzer, wie wir ihn langläufig kennen. Einen Schweitzer, wie er „wirklich“ privat war, wie er denkt, einen Menschen mit Humor, Selbstbewusstsein aber auch grossen Selbstzweifeln. Wir freuen uns auf die Auswertung.

Gerne entbieten wir Ihnen nochmals unseren Dank und wir freuen uns, auch in Zukunft mit Ihnen zusammen arbeiten zu dürfen. Unsere Stiftung,
die der „Anker“ für das geistige Werk ist, sozusagen das „zweite wichtige Bein“ neben dem Spital, und die Aufgabe hat, das Denken Albert Schweitzers der Nachwelt zu erhalten und aktiv zu verbreiten, ist auf Personen wie sie angewiesen. Gerade in den Schriften Albert Schweitzers schlummert so Fundamentales, das gerade heute mehr denn je Gültigkeit hat und dies gilt es weiterhin zu entdecken. Und so freuen wir uns auf den nächsten „Fund“…

Es grüsst Sie
Walter Schriber